Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Huda - und die Granate in den Erdbeeren

Trifft Israelische Granate auf palästinensische Mine ?


Was ist die Wahrheit?

Die, die sich in wenigen Zeilen versteckt, verkriecht, die, die nur wenige Zeilen einer Zeitungsspalte Platz für sich in Anspruch nimmt.
Oder die, die eine Zeitungseite für sich in Anspruch nimmt, um sich darzustellen, sich selbst zu beweisen?

Welch vergeudete Zeit, wenn sie es nicht ist!
Wenn wegen den vielen Zeilen in so vielen Zeitunsgsspalten die wenigen Zeilen in einer schmalen Spalte nicht gelesen werden konnten ...

Wahrheit?

Mit welchem Maß kann sie gemessen, ausgemessen werden?
Über welchen Ticker verbreitet sie sich? Über welches Papier verstreut sie ihre Buchstaben, formt sie ihre Worte? In welchem Monitor leuchtet sie auf?

Und wenn es doch nicht um die Zündung einer einzigen Mine geht, aber doch um das Leben von sieben Menschen?
Und wenn auch das Ganze über das Leben von diesen sieben Menschen und den nächsten hinweg geht und denen, über die es schon hinweg gegangen ist. Das Ganze, das es weder für die einen noch für die anderen bis jetzt geworden ist?

Und auch noch nicht für die, die daran verdienen, die ein Geschäft mit dem Ganzen machen, indem sie ihm Waffen liefern, um es mit dem Blut der Toten am Fließen zu erhalten?

Und wenn diese Wahrheit längst schon geschrieben wäre?

Und wenn es doch stimmen sollte:

»Bei einem Angriff auf einen angeblichen Raketentransport im Gazastreifen sind mindestens elf Menschen gestorben, die meisten waren Zivilisten.
Für die "humanste Armee der Welt" ( so Ehudd Olmert ) kein Ruhmesblatt, gestand Israels Ministerpräsident Ehud Olmert.
Israels Armee sieht sich beständig dem Vorwurf ausgesetzt, Israel verübe Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung. Daran ändern auch Untersuchungen nichts, die von den Untersuchten selbst durchgeführt werden. Daran ändern auch die Erklärungen des Bedauerns nichts:
Beim Tod am Strand am 9. Juni 2006 gab es eine mysteriöse sechste Granate.
Beim Angriff auf den Raketentransport am 13. Juni 2006 eine verhängnisvolle zweite Rakete, die wieder Zivilisten traf.« ( 1 )

»Nicht solche Feinheiten sind wichtig.
Wichtig ist nur,
dass der Konflikt durch solche Aktionen nur weiter verschärft wird.
Obwohl er doch schon mehr eskaliert als allen Beteiligten recht sein kann.
Das rigorose und völkerrechtswidrige Durchgreifen der israelischen Armee
treibt der radikalen Hamas-Organisation mehr Leute in die Arme ... « ( 1 )

Oder liegt es auch daran, daß ein Berichtsverfasser in den Handlungen dessen, den er verteidigt, keine Völkerrechtswidrigkeit erkennen kann - oder will?

»Sieben Tote am Strand von Gaza: War es ein Granatenangriff Israels?
Oder eine explodierende palästinensische Landmine?
Der Krieg der Bilder - Beweise, die verschwinden, ein Toter, der plötzlich wieder lebt, ein Mädchen, das Regieanweisungen gibt - wie Palästinenser die Wahrheit verbiegen« ( 2 )

Warum nicht - oder in welcher Falle bin ich selbst gefangen?

»In einem an Verteidigungsminister Amir Peretz haben 18 israelische Intellektuelle die Angriffe der israelischen Armee auf palästinensische Zivilisten scharf kritisiert.

"Es ist unmoralisch und politisch kontraproduktiv,
die palästinensische Bevölkerung unter Druck zu setzen
und Kollektivstrafen zu unterziehen, ( ... )
"Nicht jedes Mittel ist recht,
um Israel gegen Raketenangriffe und blutige Selbstmordanschläge
zu verteidigen."« ( 4 )

Das Geschäft mit den "verbogenen Wahrheiten"

Herr Thorsten Schmitz kennt die Szene offensichtlich bis in Details:

»Harbed arbeitet für die arabische TV-Produktionsfirma "Ramattan News Agency".

Nur wenige Augenblicke nach der Explosion der mit Metallkugeln gefüllten Granate, befand sich der 36 Jahre alte Kameramann aus Gaza-Stadt samt Kamera und vollen Akkus am Ort des Unglücks.
Die großen TV-Sender aus aller Welt, CNN und ABC, Nachrichtenagenturen wie Reuters und Associated Press, auch deutsche TV-Anstalten arbeiten fast ausschließlich mit palästinensischen Kameramännern, wenn es um Berichte aus dem Gaza-Streifen geht. Die Bilder von der hoffnungslosen Welt im Gaza-Streifen werden in erster Linie von Palästinensern gemacht. Als Kameramann für westliche Medien zu arbeiten gilt als einer der lukrativsten Jobs in den Palästinensergebieten.
Manche verdienen bis zu 250 US-Dollar am Tag.
Soviel verdienen palästinensische Großfamilien nicht in einem halben Jahr.
Weil Harbed als Erster am Ort des Unglücks war, verkaufte seine Agentur "Ramattan News Agency" die herzzerreißenden Bilder der hysterisch und in Tränen aufgelösten Huda Ghalija an Fernsehsender in der ganzen Welt.
In Australien wie in Indien, in Europa wie in den USA wurden Harbeds Aufnahmen von Huda gezeigt:
Wie sie sich die Haare rauft und auf die Brust schlägt, wie sie neben ihrem toten Vater in den Sand versinkt, wie sie ganz alleine Dutzende Meter durch den Sand rennt.« ( 2 )

Die israelische Film-Dokumentation

Noch eine Quelle stand Herrn Thorsten Schmitz offen:
Die Film-Dokumentationen der Israelischen Armee über die Abschüsse ihrer Granaten.

»Das israelische Verteidigungsministerium hat erklärt, das Geschoss, das zum Tod der sieben Palästinenser geführt hat, stamme nicht von der Armee.
Das haben die ersten Auswertungen von Radar- und Satellitenbildern ergeben.
Nach den Feststellungen der israelischen Armee, hat sie an dem Nachmittag sechs Granaten auf den Gaza-Strand abgefeuert.
Nach Dan Halutz schlugen fünf der abgeschossenen sechs Granaten in der Zeit zwischen 16:31 und 16:48 Uhr auf dem Strand ein - rund 250 Meter nördlich der Stelle, an der sich die Familie Ghalija aufhielt.
Der Artilleriebeschuss sollte palästinensische Raketenwerfer ausschalten.
Ein unbemanntes Flugzeug der israelischen Armee hat den Gaza-Streifen zum Zeitpunkt des Beschusses aus der Luft gefilmt. Auf dem Film der Armee ist vor 16:57 h nichts Ungewöhnliches auf dem Strand zu sehen.
Beit Lahija ist wegen seiner Erdbeeren wohl bekannt. Von hier aus werden auch Kurzstreckenraketen nach Israel abgefeuert.« ( 2 )

Doch auf den Filmen der unbemannten Drohne sind keine palästinensischen Raketenwerfer zu sehen. Auf diese Tatsache hätte Herr Schmitz die Leser gewiß besonders hingewiesen.

»Die Filme zeigen die fünf Einschlaglöcher der Granaten im Strand und auch die Menschen, die sich 250 Meter südlich am Strand aufhielten.
Nach Angaben der Armee muss die Explosion in dem Strandabschnitt, auf dem die Familie Ghalija zusammen saß, zwischen 16:57 h und 17:10 h gewesen sein.« ( 2 )

Herr Schmitz wundert sich über ein anderes Verhalten:

»Die Menschen haben auf die fünf Granateinschläge in 250 Metern Entfernung nicht mit überstürzter Flucht reagiert. Das ist seltsam.« ( 2 )

Wie weit sind die Einschläge dieser Splitter-Granaten zu hören, die im Sand aufschlagen ?
War der Sand feucht oder trocken ?
In welche Richtung hat der Wind an der Küste geblasen ?
Da ist auch noch das Meer, das seine rauschenden Wellen auf den Strand schlägt.
Doch nach all dem hat sich Herr Schmitz in seiner Gründlichkeit nicht gefragt.
Bei mir bleibt da auch nur eine Verwunderung zurück.

»Die nächste Aufnahme auf dem Armeefilm zeigt Krankenwagen, die am Strand ankommen. Das ist um 17:15 h. Das Krankenhaus, von dem die Krankenwagen anfahren, liegt fünf Minuten vom Explosionsort entfernt.
Über den Einschlagsort der sechsten Granate kann die israelische Armee keine Angaben machen.Sie hält es aber für "ausgeschlossen", die Granate ist 250 Meter von ihrem Ziel abgewichen.
Nach Aussagen der Menschenrechtsgruppe und der Palästinenserregierung hat dieser "Blindgänger" den Tod der sieben Familienmitglieder verursacht.
Israel hat noch einen "Beweis" in einem Krankenhaus in Tel Aviv. Dort werden vier Verletzte vom Strand behandelt. Aus dem Körper eines der Verwundeten sind Splitter geborgen worden, die nicht von Waffen aus dem Arsenal der israelischen Armee stammen können.
Daher schließt die Israelische Armee nicht aus, im Gaza-Strand ist eine palästinensische Mine explodiert. Die werden dort vergraben, um israelische Marinesoldaten daran zu hindern, im Gaza-Streifen an Land zu gehen.
Generalstabschef Dan Halutz sagte, Israel bedauere den Tod der sieben Palästinenser, dies bedeute aber nicht, "dass wir dafür verantwortlich sind".« ( 2 )

Die Klarstellungen von Herrn Schmitz

Weil sich die Aussagen nach Meinung von Herrn Schmitz nun doch in vielen Punkten widersprechen, mißt Herr Schmitz den Aufnahmen von Harbed plötzlich eine besondere Bedeutung zu.
Herr Schmitz fährt in seiner "Klarstellung" fort:

»Diese Aufnahmen von Harbed werfen mehr Fragen auf als sie zur Klärung beitragen.
Die Originalaufnahmen sind inzwischen so fragwürdig, dass CNN sie auf seiner Website nur noch sehr verkürzt zeigt.« ( 2 )

Wobei eine verkürzte Widergabe von Aufnahmen nicht ihre angebliche Fragwürdigkeit beweist. Doch sollen offensichtlich gerade sie die "verbogene Wahrheit" dokumentieren.

Wie kommen plötzlich vier Verletzte vom Gaza-Strand in Krankenhäuser nach Tel Aviv, wenn das nächste Krankenhaus nur fünf Minuten von der Explosionsstelle entfernt ist ?
Wie kommen die Spitter aus palästinensischen Waffen in das Krankenhaus nach Tel Aviv?

Meine Frage sucht noch nach dem Grund für den israelischen Beschuß dieses Strandabschnittes, für den keine Filmaufnahmen die Anwesenheit von palästinensischen Raketenwerfern dokumentieren.
Warum hat die Israelische Marine dann doch die sechs Schüsse in einer Entfernung von 250 m nördlich einer Familie in den Sand abgesetzt ?
Der Film aus dem unbemannten Flugzeug soll ein "normales Strandleben" vor der tödlichen Explosion zeigen. War danach der Strandabschnitt nördlich der Familie Ghalija wirklich frei von Menschen ?

Nun hat die Israelische Marine für ihren Küstenschutz zwei der modernsten nichtatomaren U-Boote von Deutschland bekommen. Die Sonar-Technik dieser U-212-Boote ist das Beste, was es z.Zt. auf diesem Gebiet überhaupt gibt. Mit ihren vielseitigen Sensoren "horchen" sie in getauchtem Zustand weit in das feindliche Land hinein.
Und dann schießt die Israelische Marine auf einen Strand, auf dem "normaler Strandbetrieb" herrscht?
In welchem Umfang hat Herr Schmitz einen Zugang zu Unterlagen der Israelischen Armee bekommen?

Doch Herr Schmitz hält sich bei derartigen Einzelheiten nicht auf. Er befaßt sich schon mit den Recherchen eines Teams der US-Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch ( HRW ).

»Diese Ermittlungen führten zu dem vorläufigen Ergebnis, dass Israel für die Granatenexplosion verantwortlich ist. Die Formulierung ist vorsichtiger und weniger apodiktisch:Nach Interviews mit Opfern, Augenzeugen, Polizisten und Ärzten und einem Besuch des Unglücksorts hege man "starke Vermutungen", dass israelische Artillerie für das Unglück haftbar sei.
Der Bericht der HRW erwähnt allerdings nicht, dass deren Rechercheure erst einen Tag nach dem Unglück am Strand nach Beweisen gefahndet haben. Das ist genug Zeit, um wichtige Beweisstücke zu entfernen.« ( 2 )

Das klingt beinahe wie ein Vorwurf, ihr habt euch einen Tag Zeit gelassen, um das hier anzusehen. Nach dieser Zeit könnt ihr nicht her kommen und schlüssige Folgerungen anstellen.
Ein Kriminal-Hauptkommissar würde sich - wenn er es täte - u.U. etwas gelangweilt zu dem Bemerkenden umdrehen:
"Ja, wenn wir vorher wüßten, wo einer umgebracht wird, dann könnten wir alle Morde verhindern - und müßten nicht mühsam versuchen, sie an den geringsten Spuren zu rekonstruieren."
Ob Herr Schmitz sich mit dieser Antwort zufrieden gäbe?

HRW widerspricht israelischer Untersuchung zu Explosion an Strand
»( ... ) Metallteile vom Explosionsort und die Art der Verletzungen der Opfer ließen kaum einen Zweifel daran zu, dass dort eine 155-Millimeter-Granate explodiert sei, sagte HRW-Militärexperte Marc Garlasco am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.
"Wir sind uns sehr sicher", bekräftigte der ehemalige Berater des US-Verteidigungsministeriums. Solche Granaten würden auch von der israelischen Armee eingesetzt.« ( 5a )

Israel laut Experten doch für Explosion an Strand verantwortlich( ... ) Er sei nach einer eingehenden Untersuchung davon überzeugt, dass es sich bei der abgefeuerten Granate um einen israelischen Sprengsatz gehandelt habe, sagte Marc Garlasco von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am Mittwoch der Nachrichtenagentur AP.
Israel hatte am Dienstag jede Verantwortung für die Explosion vom Freitag zurückgewiesen.
Garlasco untersuchte als erster unabhängiger Experte den Ort der Explosion am Strand von Beit Lahija sowie die Verletzungen der Opfer. ( ... ) Israel erklärte, die Opfer seien offenbar bei der Detonation einer von Palästinensern gelegten Landmine ums Leben gekommen. ( 5b )

Viel Aufwand für den Nachweis einer "verbogenen Wahrheit"

Und was ist jetzt bewiesen?

Nur eine gewagte Spekulation: Waren die fünf Schüsse in der Entfernung von 250 m vielleicht im beabsichten Abseits, um dem sechsten Schuß ein "Alibi im Abseits" zu verschaffen?
Zwar alles reine Spekulation, aber doch erlaubt? Herr Schmitz, was sagen Sie dazu?

So wird die "verbogene Wahrheit" zum Ping-Pong in heißer Luft, der über die Grenze der Schmelzgefahr hin und her geschlagen wird.

Für Herrn Schmitz ist die von den Palästinensern "verbogene Wahrheit" eine Tatsache.
Ebenso wie für die Palästinenser die Schuld der Israelis feststeht.
Und wie gelang es dem Zeitungspapier der SZ die Spuren des Todes aufzudecken?
Aber Herr Schmitz hat uns ja über die Quellen der Nachrichten für AFP, AP, CNN, ddp und viele andere Nachrichten-Käufer aufgeklärt. Man kann sie in einem schmalen Küstenstreifen zu Tagessätzen von 250 $ bereits "gut aufbereitet" erwerben.
Da bleibt dann nur noch die Frage nach der Qualität und dem Umfang der Dokumentationen, die für die Augen von Herrn Schmitz geöffnet worden sind. Ob er darin auch alles sehen durfte, was es zu sehen gegeben hätte?

Nun gut, Herr Schmitz hat sich für die "Wahrheiten Israels" aufwendig viel Zeit genommen.
Wenn so aufwendig so viel bewiesen werden soll? Entsteht ungewollt noch eine Frage.
Was soll dadurch verborgen bleiben?
Und wird nicht gerade mit diesen "Absichts-Beweisen" das Gegenteil erreicht?

»Der SZ erklärte Harbed, er sei von den Rettungssanitätern über die Explosion unterrichtet worden und im eigenen Wagen den Krankenwagen hinterhergefahren.
Auf seinen Bildern allerdings filmt Harbed die Hysterie der zehnjährigen Huda, als sei er Zeuge der Detonation gewesen.
Auch filmt er die Ankunft der Sanitäter, er muss also schon vorher am Strand gewesen sein.
Zudem sind manche der Toten und Verletzten mit Tüchern abgedeckt - wer hat das getan?
Harbed erklärt, Huda sei kaum verletzt worden, da sie im Meer gebadet habe.
Auf seinen Bildern allerdings läuft Huda in trockener Straßenkleidung herum.

Minutenlang rennt Harbed der schreienden Huda hinterher und schwenkt mit seiner Kamera zu den Toten und Verletzten.
Plötzlich ist ein Mann neben Hudas totem Vater zu erkennen, der eben noch zugedeckt reglos dalag und nun aufsteht, in der Hand ein Maschinengewehr. Auf den Bildern des Kameramanns sind auch Sanitäter in grüner OP-Kleidung zu erkennen sowie Dutzende Männer, die meisten mit Hamas-typischen Vollbärten, die offenbar Beweisstücke sicherstellen. Allerdings muss man fragen, weshalb die Sanitäter sich nicht um die Verletzten kümmern und keine Polizisten den Ort sichern.
Haben die Hamas-Männer, wie israelische Medien palästinensische Augenzeugen zitieren, Beweisstücke entfernt?
Ausweichende Antworten
Seltsam ist auch, weshalb auf den Bildern Harbeds kein Krater zu erkennen ist.« ( 2 )

Die Rückschlüsse des Herrn Schmitz sind so verblüffend.
Da ist die Auferstehung eines Toten mit Maschinengewehr unter seinem Leichentuch. Jeder Freizeit-Regisseur weiß nur zu gut, wie schnell falsche Eindrücke beim Betrachter entstehen, wenn Filmsequenzen ungeschickt aneinander gereiht werden. Da bin ich mir - im Gegensatz zu Herrn Schmitz - ganz sicher, daß Harbed keine Biblische Auferstehung gefilmt hat.
Sollen die Bilder von Harbed über die durch den Schock verstörten Huda ein Beweis dafür sein, er ist Zeuge der Detonation gewesen? Gerät die Rückblende bei Herrn Schmitz da nicht in ihrem Zeitablauf aus der Kontrolle?
Und wenn Harbed noch anfahrende Sanitätswagen gefilmt hat, dann können das durchaus noch später hinzugekommene sein. Kein schlüssiger Beweis dafür, Harbed ist vielleicht schon vor der Detonation am Strand gewesen.
Und ist nicht jedes Aufräumen auch ein "Beseitigen von Beweisen"? Sollen die gefährlichen Splitter im Sand stecken bleiben? Wohin will Herr Schmitz mit seinen NLP-verdächtigen Sinnverdrehungen den Leser führen?
Überhaupt ergibt sich für den Leser aus den wahllos aus der Erinnerung in die Zeilen geknallten Bilder keine zusammenhängende Zeitfolge. Außerdem wäre da noch die Fähigkeit von Herrn Schmitz zu bezweifeln, wie es ihm gelänge, ein Mädchen, das unter diesem Schock steht, zu beruhigen. Was aber für einen Kameramann überall auf der Welt mehr zählt, das sind doch wohl seine Bilder, die er einfangen muß. Allein aus dieser Tatsache sind Kameraleute nicht grundsätzlich zu Unmenschen zu erklären.

Zu der Frage von Herrn Schmitz nach dem fehlenden Bild eines Kraters greife ich auf einen früheren Satz von ihm zurück:
»Nur wenige Augenblicke nach der Explosion der Schrapnell, einer mit Metallkugeln gefüllten Granate, befand sich der 36 Jahre alte Kameramann aus Gaza-Stadt samt Kamera und vollen Akkus am Ort des Unglücks.« ( 2 ) ( Anm.: der offensichtliche Druckfehler ist Original )

Dazu muß ich gestehen, ich bin kein Waffenexperte. Wenn aber eine Granate mit Metallkugeln gefüllt ist, dann ist es offensichtlich nicht ihre militärtechnische Aufgabe, einen großen Krater in die Erde zu reißen. Vielmehr soll sie doch den Feind über der Erde als menschlichen Körper "kampfunfähig" schießen.
Das denke ich mir so. Außerdem soll es da noch gewisse Feinheiten bei der Gestaltung der "Aufschlag-Zündung" geben: in welchem Bereich - z.B. über oder in der Erde - die Sprengkraft eines Geschosses seine beabsichtigte größte Wirkung oder Ausdehnung entwickelt. Eine Füllung von Metallkugeln fände wohl in der Erde nicht die für sie vorgesehenen Ziele.

Also war es auch nicht vorgesehen, für Herrn Schmitz einen schönen Krater in den Sand zu buddeln.

Doch leider besteht da noch ein wesentlicher Unterschied zwischen Herrn Schmitz und mir - den Film, den Herr Schmitz gesehen hat, den habe ich nicht gesehen. Also auch nur Vermutungen, Vermutungen.

Nun, ob es sich gelohnt hat, ein Neuro-Linguistisches-Glanzwerk zu konstruieren ?
Ein Kriminal-Hauptkommissar würde sich sachlich fragen, woher hat der Schmitz diese Informationen ?
Wenn der palästinensische Bild-Verkäufer auf die Fragen am Telefon immer mehr zurückweicht?

Wo er doch so genau über die Geschäfte mit den Nachrichten und den Bildern aus dem Gaza unterrichtet ist.
Und die genauen Flugaufzeichnungen von der Israelischen Armee!
Von dieser Seite scheint er durch offene Türen in die Informations-Büros der Israelischen Armee gelaufen zu sein.

Drei Tatsachen werden auffallend stets mit der selben Aussage und im selben Zusammenhang genannt:
1. Das Abfeuern von 6 Israelischen Granaten auf einen Punkt 250 m nördlich einer Menschengruppe auf den Gaza-Strand
2. Zur selben Zeit eine Detonation mitten in der Menschengruppe.
3. In dem Strand sind palästinensische Minen vergraben.

Da würde sich ein Kriminal-Hauptkommissar u.U. noch weitere Fragen stellen:

Warum werden Granaten auf den Strand geschossen, auf dem sich Familien mit Kindern befinden?
Warum wird auf einen Punkt gezielt, der 250 m nördlich vom Aufenthalt dieser Familie liegt?
Was sollten die 6 Granaten dort treffen?
Warum wurden auf das selbe Ziel 6 Granaten abgeschossen?
Genügte 1 Granate nicht für den beabsichtigten "Erfolg"?
Warum wird ein Strand mit Granaten beschossen, in dessen Sand Minen vermutet werden?

Ob Herr Schmitz vor einer Flut von Fragen, die aus den Schaumkronen über den Wogen der Beinahe-Dümmlichkeit auf ihn herabstürzen nicht auch ohne Antworten flüchten würde?

Nach der Untersuchung von Splittern wußte die IDF plötzlich, daß in dem Strand von Palästinensern Minen vergraben werden, die israelische Soldaten am Betreten des Strandes hindern sollten. ( 3 )
Wollte die Israelische Armee diese palästinensischen Minen mit ihrem Beschuß entschärfen?

Könnten die Israelischen Granaten mit ihrem Aufschlag die Splitter von palästinensischen Minen in die Körper der Getroffenen "gestoßen" haben - wie die "anfliegende" Kugel beim Boule die auf der Erde ruhig liegende zum "Sprung" anstößt?

Nichts ist unmöööglich! Das versprach uns schon der Werbespruch einer Autofirma.

So viel vergeudete Intelligenz - um was zu beweisen ?
Und für das "Auffinden" des Völkerrechts soll sie immer noch nicht ausreichen?

Da wünschte ich mir, die Toten redeten - und die Lebenden schwiegen.


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( 1 ) Quelle: DW-WORLD | Politik | 14.06.2006
Kommentar: Zwei-Staaten-Lösung als einziger Weg, von Peter Philipp

( 2 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr. 136, 16. Juni 2006, Seite 3
Sieben Tote am Strand von Gaza: War es ein Granatenangriff Israels?
Oder eine explodierende palästinensische Landmine? Der Krieg der Bilder -
Beweise, die verschwinden, ein Toter, der plötzlich wieder lebt,
ein Mädchen, das Regieanweisungen gibt -
wie Palästinenser die Wahrheit verbiegen, Von Thorsten Schmitz

( 3 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr. 135, 14. Juni 2006, Seite 1
Neue Welle der Gewalt in Nahost - Israel tötet elf Menschen in Gaza -
Beim Angriff sterben auch zwei Kinder -
Reaktion auf palästinensische Attacke, Von Thorsten Schmitz

( 4 ) Quelle: Jerusalem, AFP, Donnerstag 15. Juni 2006, 22:42 Uhr
Israelische Intellektuelle kritisieren Gewalt gegen Palästinenser

( 5a ) Quelle: Gaza/Jerusalem, AFP, Mittwoch 14. Juni 2006, 13:17 Uhr
HRW widerspricht israelischer Untersuchung zu Explosion an Strand

( 5b ) Quelle: Jerusalem, AP, Mittwoch 14. Juni 2006, 19:20 Uhr
Israel laut Experten doch für Explosion an Strand verantwortlich


21 Sivan 5766 * 17. Juni 2006 © Heinz Kobald