Der unerträgliche Standpunkt

Heinz Kobald

  
 
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Kapitalschutz
macht Rechtsstaatliche Gesetzgebung
schadenersatzpflichtig
Kapitalschutz für ausländische Investoren

Der Freie Handel zwischen
dem Alten Europa und der Neuen Welt







Merkelsche Murkeleien

Zwei Lanzenstöße treffen die Brust der selbständig denkenden Europäer.

Zitat:
»Sie ärgern sich darüber, dass die Verhandlungen als geheime Kommandosache geführt werden.« ( 1 )

Der zweite versucht von Höherer Warte aus, ein Beruhigungspflaster zu verpassen.

Zitat:
»Und wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre "marktkonforme Demokratie" propagiert, ist das auch nicht besser.« ( 1 )

Wie oft hat die Kanzlerin ihre Neuschöpfungen von Rechtsgrundsätzen aus der Taufe des getrübten Verständnisses gehoben?
Ist das ihrer Prägung als Theoretikerin der Physik zu verdanken? Prädestiniert das zur Bestimmung der Politik der Bundesrepublik?
Sicher ist, der Amtseid nach Artikel 56 GG gibt keinem Amtsinhaber die Vollmacht oder gar das Recht, die Bundesrepublik in eine "marktkonforme Demokratie" umzuwandeln.
Was die Bundesrepublik Deutschland ist, bestimmt Artikel 20 Absatz 1 GG, nicht die Kanzlerin!
Vielleicht sollte sich die Kanzlerin mit ihrem Justizminister bereden, bevor sie selbstvergessen über eine "Marktkonforme Demokratie" plaudert?

Zitat:
»Als Erstes muss der geplante besondere Investmentschutz für ausländische Unternehmen weg.
Er ist gar nicht nötig, darauf hat Bundesjustizminister Heiko Maas hingewiesen:
Vor Gericht bekommt heute schon in der EU jedes ausländische Unternehmen sein Recht,
wenn es gegen rechtswidrige staatliche Eingriffe vorgeht.«
( * )

Der Freigehandelte Rechtsweg

Ein Freihandelsabkommen, das die Selbständigkeit des Rechts ausschaltet.
Das ist kein Freier Handel, das ist der absolute Schutz für das Kapital und seiner absoluten Vermehrung in den Händen, die es schon halten, durch die Ausschaltung jeden Rechtes für andere.
Karl Marx wäre sofort von einem Hirnschlag getroffen worden, hätte dieser Schutz-Automatismus für das Risiko-Kapital sein Gorgonen-Haupt schon zu seiner Zeit erhoben.

Zitat:
»Hinweise geben uns die Neoliberalen unter seinen Verteidigern.
Sie verkünden,
dass Demokratie und Rechtsstaat Investitionen behindern und Prozesse verlangsamen.
Dem sollen Freihandelsabkommen Grenzen setzen.
Demokratie ist aus dieser Sicht ein Hindernis und überbewertet;
die Wirtschaft wisse besser
als ein von Stimmungen und Koalitionszwängen abhängiges Parlament,
was im Allgemeininteresse liege, heißt es.
Diese Haltung steht mit der deutschen Verfassung und den EU-Verträgen auf Kriegsfuß.«
( 1 )

Es ist nicht verwunderlich, wenn Verhandlungen, mit denen Un-Rechtes außerhalb jeder Geltenden Rechtsnorm geschaffen werden soll, im Geheimen stattfinden.

Zitat:
»Man sollte davon ausgehen, dass ein Freihandelsabkommen auch frei verhandelt wird.
Immerhin betrifft es uns alle.
Die Verhandlungen finden jedoch hinter verschlossenen Türen statt. Stellt sich die Frage: Warum?«
( 2 )

Das Kapital schafft sich selbst sein Recht, um sich vor jedem Risiko zu schützen.
Sogar vor der Rechtsstaatlichen Gesetzgebung des Gastlandes, des Investitions-Landes.
Es muß sich dann nicht mehr seinen Vorteil mit Schmiergeld erkaufen, sondern es hat seine eigenen "Schieds-Gerichte",
die nur der Sicherung des Kapitals dienen,
die nicht wirklich Recht nach dem Gleichheitsprinzip sprechen wollen,
sondern nur für die eigenen Ziele und schon gar nicht die Rechtsansprüche anderer berücksichtigen.

Jede rechtsstaatliche Handlung - sogar die, zur Erhebung von Steuern - oder nur die Anhebung einer Steuer - kann den Staat zum Schadenersatz an das ausländische Kapital verdonnern.
Jede Maut auf den Güterverkehr im Gastland wäre für den ausländischen Kapital-Investor in ein Transport-Unternehmen ein Angriff auf die Vermehrung seines Kapitaleinsatzes - und damit schaltet sich der Automatismus der Schieds-Gremien ein.
Jedem Rechtsstaat wird damit die Grundlage für seine Justitia vorenthalten.
Das Kapital regiert allein zu seiner Optimierung. Jedes andere Recht hat damit seine Wirksamkeit eingebüßt.

Der Höhere Standard

Zitat:
»Sie will und braucht Nachweise, dass – wie die Befürworter der Abkommen sagen – die jeweils höheren Standards
im Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz, im Arbeits- und Sozialsystem und beim Kulturschutz
in der ganzen neuen Freihandelszone gelten sollen.
Diese Nachweise aber fehlen. Das stärkt den Verdacht,
dass selbst gute Absichten unter dem Druck der atlantischen Wirtschaftsinteressen nicht durchsetzbar sind,
dass Standards und Schutzbestimmungen eben doch ausgehöhlt werden.«
( 1 )

Und wie sie das werden!
Der "jeweils höhere Standard soll gelten". Aber wie lange kann er das? Darum wird er ja auch der "jeweils höhere" genannt, denn er ist nicht als "von Bestand" gedacht. Dafür sorgt das Instrument der Schadenersatz-Falle. Das Wort "jeweils" deutet auf eine Zeitdauer ebenso hin wie bei Paarungs-Einheiten von einer Frau und einem Mann. Sie waren einmal Lebens-Gefährten. Danach verkürzte sich die Paarungs-Zeit auf den Lebens-Abschnitt. Was vielen dann auch zu lange dauerte und daraus der "derzeitige Lebens-Abschnitts-Gefährte" wurde. Kürzere Zeiträume haben dann keine Bezeichnung mehr erhalten.
So stehen sie sich dann gegenüber, die "jeweiligen" Paarungs-Teilnehmer. Wenn einer seinen angebotenen Standard für den anderen Teilnehmer nicht mehr halten konnte, dann beendete das die Formel "Das war es dann!"

Wenn ein Investor sein Kapital schützen will, dann greift er die "kapital-schädigenden" Gesetze des "Gastlandes" an.
Der höhere Standard wird in dem Land des höheren Standards gesenkt,
um aus der Schadenersatz-Falle heraus zukommen.
Dann geschieht das selbe in dem Land mit dem danach höheren Standard und so erniedrigen die Schieds-Gerichte jeden höheren Standard der Reihe nach. Ob die gesamte Jagdstrecke durchgehalten wird hängt von dem vorhandenen erlegbaren Wild ab.
Das Kapital schützt nur sich und hat mit seinen "Gremien-Gerichten" den Würgegriff am Hals der Rechtsstaatlichkeit.
Der jeweils höhere Standard ist dann der abgeschaffte gewesen.

Die Wettbewerbs-Ausschaltung

Zitat:
»Künftig soll das Expertengremium einseitig das Investment schützen
und den Staat zu Schadenersatz verurteilen –
sofern es sich um einen ausländischen Investor handelt.
Ein gleichermaßen belasteter deutscher Unternehmer geht leer aus.«
( 1 )

Damit wird der Wettbewerbs-Verzerrung ein großes Tor geöffnet. Nicht nur das.
Inländische Mitbieter auf dem Markt werden dadurch auf Dauer belastet und geschwächt und letzten Endes ausgeschaltet.
Der ausländische Kapital-Invenstor hat seinen inländischen Konkurrenten platt gemacht.
Jetzt kann er seine Bedingungen den Einkäufern im Gastland anbieten, völlig im Sinne des Freihandels.
Er kann ungezügelt in ihre Geldbeutel greifen und das Ergriffene in seinem Kapital-Turm höher stapeln.
Wenn ein inländischer Unternehmer auf dieser Rennbahn mit galoppieren will, dann muß er sein Kapital in das Ausland transferieren und getarnt als ausländischer Investor wieder in sein eigenes inländischen Unternehmen einbringen. Er würde aber damit gleichzeitig sein eigenes Unternehmen in einen wild wuchernden Dschungel führen, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Marktkonforme Demokratie

Es lässt auf den Hintergrund Schlüsse zu, wenn Frau Merkel so offensichtlich weich in den Knien wird.
In diesem Augenblick lässt sie sich ihre Neu-Interpretation von Rechtsgrundsätzen einfallen, um "ihr Gesicht nicht zu verlieren".
Weil sie spürt, sie braucht für ihre Handlungsweise einen Namen, der "alles" erklärt.
Doch welches Gesicht zeigt sie dabei wirklich?
Warum kann sie vor dem Spiegel der Rechtsstaatlichkeit ihr Gesicht nicht unverändert behalten?
Wozu spricht sie für eine Konformität der Demokratie für den Markt?

Die "Marktkonforme Demokratie" von Frau Merkel ruft Erinnerungen an die "Geleitete Demokratie" ihres ständigen Telefonpartners im Kreml herbei.
Jedenfalls verändert sich das innere Wesen der Demokratie durch das ihr vorgesetzte Adjektiv. Die Demokratie wird "marktkonform" gemacht, oder deutlicher, sie wird für den Markt "zurecht gebogen".
Wobei das, was dann "marktkonforme Demokratie" sein soll, nicht mehr den Namen Demokratie verdient.
Demokratie braucht kein Adjektiv!
Noch fehlt die Definition für "Markt". Jedenfalls wird schon so viel klar, die Demokratie soll durch ein anderes Element als das der Rechtsstaatlichkeit bestimmt werden. Dabei schrillt die Warnglocke der Verfassung auf.
Wenn der Begriff Markt die Rechte der Konsumenten gegenüber denen der Produzenten und ihres Kapitals einschränkt oder sogar ausschaltet, dann kann es sich dabei nicht mehr um "marktkonform" handeln, denn zum "Markt" gehören zwei wesentliche Teile - und das nach rechtsstaatlicher Auffassung gleichberechtigt. Die beiden wesentlichen Bestandteile des Marktes sind die Masse der Konsumenten und auf der anderen Seite die weitaus geringere Zahl der Produzenten.

Die Bedeutung von "konform" nach Wahrig:
"übereinstimmend - gleichgestimmt - einer Meinung sein - gleichförmig - ähnlich - übereinstimmen mit der herrschenden Meinung".

"Gleichgestimmt", das kann schon aus den bisher erkennbaren Unterschieden zwischen Konsumenten und Produzenten nicht so erkannt werden. Es ist auch noch niemanden in den Sinn gekommen, Konsumenten und Produzenten "gleichförmig" machen zu wollen.
Warum im Rahmen eines sogenannten Freihandels-Abkommen eine Fortentwicklung der "Staatsform, bei der ein Staat nach dem Willen des Volkes regiert wird" ( Wahrig ) zu einer "marktkonformen" Vergestaltung?
Fällt das in den Aufgabenbereich von Frau Merkel nach Artikel 65 GG?

"Marktkonform" ist in dem Fall eine Verschleierung für "Diktat des Marktes", wobei mit "Markt" das "schadenersatzfordernde ausländische Kapital" zu verstehen ist. Ein schlechter Frei-Handel. Hier geht es nicht um den freien Austausch von Produkten, sondern nur um den "Schutz" der "Kapital-Hasardeure". Sprich, die "legalisierte Mafia".

Bei diesem Verständnis von "konform" mit der Herrschenden Meinung, werden nicht verschiedene Meinungen als gleichwertig gegenüber gestellt, sondern es gilt die Meinung des Herrschenden. Die Macht herrscht, die Macht hat, weil sie das Kapital besitzt.
Konform kann auch bedeuten, der Verbraucher hat seine Wünsche den Bedürfnissen des Marktes anzupassen.
Die Bedürfnisse des Marktes werden durch die Gewinnmaximierung des Kapitals bestimmt. Ergo braucht der Markt einen "genormten" Verbraucher. Die Schieds-Gerichte stehen im Dienst für dieses Ziel.
Brecht hatte schon einen ähnlichen Gedanken für das Volk.
Nicht das Volk darf nach einer anderen Regierung verlangen, sondern die Regierung darf sich ein anderes Volk suchen.

Wenn sich dieser sogenannte "Frei-Handel" mit seinem Netz über Europa wirft, dann wird das bisherige Europa der Sklave für das Kapital aus dem Ausland. Es wird eine schlimmere Zeit anbrechen als die Sklavenzeit im Kolonialismus.
Der Verbraucher als Sklave hat kein Recht gegenüber den Interessen des Kapitals aus dem Ausland.
So könnten auch Garantiezeiten für Produkte minimiert werden, weil gleichzeitig das Produkt minderwertiger wird.
Garantiekosten für eine Zeit von 2 Jahren sind dabei unkalkulierbar und gewinnschädigend. Also weg mit der Garantie.

Rechtsstaatlichkeit und Rechtmäßigkeit

Auf dem Boden einer Rechtsstaatlichen Verfassung ist es "undenkbar", Streitigkeiten über rechtmäßig entstandene Ordnungs-Regeln, Gesetze genannt, vor nicht-staatlichen, nicht ordentlichen Gerichten, aber vor den nach ganz anderen Zielen besetzten "Schlichtungs-Gremien" zum Schaden des Gesetze erlassenden Staates mit der Folge entscheiden zu lassen, daß der Rechtsstaat unweigerlich wegen seinen Gesetzen einen Schadenersatz an das Kapital eines ausländischen Investors zu leisten hat. Das ist absurd.
Es ist nicht "vorstellbar", ein vor dem Gericht angeklagter Straftäter würde den Richter zu einer Strafe verurteilen, weil der ihn nach dem Geltenden Gesetz bestraft hat.

Zitat:
»Dass EU und USA jetzt die Streitigkeiten mit ausländischen Investoren von den Gerichten abziehen
und einem sogenannten Schiedsgericht aus Investmentexperten, meist spezialisierten Anwälten,
zuweisen wollen, muss deshalb andere Gründe haben.
Dieses Gremium soll künftig anstelle der Gerichte darüber entscheiden,
ob ein staatliches Gesetz, ein Beschluss der Bundesregierung, eines Landes oder einer Gemeinde
eine ausländische Investition "unfair behandelt" und deshalb Schadensersatz fällig wird. Unfair kann so ziemlich alles sein:
Steuern und Gebühren, Umweltauflagen oder ein Mindestlohn –
all dies verringert ja die Gewinnmöglichkeiten von Unternehmen.«
( 1 )

Der Geist der Verfasssung lässt außer-rechtliche Streit-Beilegungen nicht zu.
Wozu gäbe es sonst ein Bürgerliches Gesetzbuch, ein Handelsgesetzbuch oder eine Verfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland?
Selbst die Mediation für die Streitparteien im Vorfeld eines rechtmäßigen Verfahrens vor einem ordentlichen Gericht ist dem Geltenden Recht unterworfen.

Eine Entscheidung, die so tief in die Rechtsstaaatlichkeit einer Gesellschaft eingreift - die auf die Ausschaltung des Rechtsweges vor Ordentlichen Gerichten zielt - muß an die Öffentlichkeit getragen werden.
Eine Geschlossene Gesellschaft hinter Verschlossenen Türen darf nach der Entwicklungs-Geschichte des Rechts in Europa nicht über die Gesellschaft verhandeln, die vor den Verschlossenen Türen stehen bleiben soll, aber über deren Rechte hinter diesen Türen verhandelt wird.

Zitat:
»Investmentexperten sollen entscheiden, was im Allgemeininteresse liegt?
Das muss jeden empören, der unser Grundgesetz ernst nimmt,
dem zufolge Parlamente, Regierungen und Gerichte entscheiden beziehungsweise überprüfen, was im Allgemeininteresse liegt.
Generationen von Demokraten haben für diese Grundprinzipien demokratischer Rechtsstaaten gekämpft.«
( 1 )

Darum ist bereits die Verhandlungs-Phase über diese außergerichtlichen Gremien verfassungwidrig.
Ihre Konstitution und ihre Entscheidungen sind nicht auf dem verfassungsgemäßen Rechtsweg entstanden.
Ihre Entscheidungen sind ebenso nicht rechtmäßig wie sie selbst, ihre Schiedssprüche werden nicht rechtsgültig und sind nicht vollstreckbar.

So konform und markthörig ist unsere Gesellschaft noch nicht, in einer als Freihandels-Abkommen getarnten Wiedergeburt aus Troja ihr Recht und ihren Rechtsstaat zu "verhandeln".
Der ordentliche Rechtsweg vor einem verfassungsgemäßen Gericht in einem Rechtsstaat ist nicht verhandelbar.

Sollte jedoch gar nichts mehr gegen die Veränderung in der Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik helfen, dann müssen sich die Bürger auf Artikel 20 Absatz 4 GG - ihr Widerstandsrecht - besinnen.


5. Juli 2014 © Heinz Kobald


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( 1 ) Quelle: Süddeutsche Zeitung, 05. Juli 2014, Seite 2
Der Investor wird König
Zu Recht empören sich die Bürger über die geplanten Freihandelsabkommen
Denn es stehen ihre Rechte auf dem Spiel
Von Herta Däubler-Gmelin

( 2 ) 3sat - Mediathek - Das Freihandelsabkommen - Eine Analyse - Audio
Schiedsgerichte für Investitionsschutz
Die Verhandlungen sind streng geheim



Absicherung von Investitionen
mit der Staatshaftung
für das Kapitalrisiko


Warum sollen Steuerzahler das Risiko der Investition des fremden Kapitals tragen, für dessen Gewinnmaximierung sie ihren Arbeitsplatz verlieren.